Die Blickrichtung verstärkt Spaß und Schmäh
Erdbeeren finden wir selbstredend von Anfang an in unserem Garten, haben uns jedoch nie die Mühe gemacht, die alten Büsche umzusetzen oder mit Stroh zu unterfüttern. Die Ernte war entsprechend unansehnlich. Doch als ich zuletzt meine mickernden Balkonerdbeeren daneben setzte, kam plötzlich Leben ins Beet, die Pflanzen trieben neu aus und pflanzten sich über ihre Ableger selbst fort. Die jungen Pflanzen sind standfester und strecken mir die errötenden Früchte geradzu einladend entgegen, sodass ich schon morgens und barfuß die erste Ernte des Tages einfahre.
Während die Erdbeere als Paradiespflanze und in der Antike als Speise des Goldenen Zeitalters gilt, deckt die Natur jeden Morgen die bescheidenen Bedürfnisse und schmückt mit diesen Sammelnüsschen mein Sommerfrühstück. Heißer Kakao mit Ingwer wird so dankend abgelöst von Porridge mit Erdbeeren: In Omas gutem Topf karamellisiere ich Zucker, lösche mit reichlich Milch ab und rühre ein paar Esslöffel Haferflocken ein.
Eine Prise Salz kommt dazu, dann nur kurz aufkochen und bei geschlossenem Deckel ziehen lassen bis ein sämiger Haferbrei entsteht, den meine Oma mir damals tatsächlich noch als Haferschleim schmackhaft machen konnte. Der halbvegetarische Mitesser zuckt da bloß zusammen und so bleibt alles meins.
Pünktlich zum Sommeranfang ziehen wir mit Sack und Pack und den Katzen zurück ins Gartenhäuschen, um dem frivolen Wuchs dieses sattnassen Frühlings die ersten prallen Früchte abzuernten. Erinnert sich noch jemand an das aufgeräumte Kräuterbeet im März? Heute erinnert es eher an einen alteingesessenen Klostergarten und die meisten Pflanzen sind sogar schon wieder aus der Blüte raus:
Aus dem Hochbeet ziehen wir neben reichlich Mangold die Kohlrabi als kindskopfgroße Trophäen aus der Erde, während mein erster Kohlrabi aus dem Seitenbeet letztes Jahr erst im August das Licht der Küche erblickt hatte und der zweite uns mit ganz anderen Mitteln in Angst und Schrecken zu versetzen wusste. Und die Rosen blühen endlich.
Den ersten Mangold ernten wir Kleingärtner wie Pflücksalat in rauhen Mengen, um ihn dann zu Streifen geschnitten als Rohkost auf den Tisch zu bringen: Bunter Mangoldsalat mit Cantaloupemelone, zerbröckeltem Ziegenkäse, Frühlingszwiebeln und Senfdressing mit Himbeeressig.
Ok, es regnet nicht zu knapp, aber als Laubenpieper wissen wir es inzwischen durchaus zu schätzen, nicht jeden Abend noch stundenlang mit dem Schlauch durch die Beete zu robben, um Gemüse und Geblüm wieder fit zu spritzen. Es schießt im Beet, aber ein friendly Fire der fruchtbaren Art, sodass wir einer satten Ernte gelassen entgegen sehen und uns derweil bei den Markthökern Appetit holen.
Einen Klopper von Thunfischsteak hält einer aus gesonderter Bestellung parat und nebenan gibt es frische Erbsen, die sich bei näherer Betrachtung als reichlich mühselige Beilage entpuppen, während ich die erst aus der Schale lösend vereinzele und die Guten im Töpfchen sammel. Knapp bedeckt mit Gemüsebrühe aufgekocht, werden die fix zu Muß püriert und mit frischer Gartenminze aufgeppt. Derweil heize ich im Ofen geröstete und schließlich geschälte Paprika nochmal im kleinen Pfännchen an, lösche mit Sherry ab und würze schön scharf mit dem Köftegewürz und frisch gemahlenem Pfeffer.
Den Thunfischstar rubbel ich mit Hollands „Djah Oftadeh“ (Pfeffer schwarz Malabar, Granatapfel, Felsenkirsche, Koriander, Kreuzkümmel, Orangenschale, Chili Bird Eye, Safran, Rosenblüten) ein, bevor er nur kurz allseits scharf angebraten zu Scheiben aufgeschnitten neben minzigem Erbsenpüree und Paprikamarmelade landet. Sieht scharf aus und schmeckt auch so.