
Brügge sehen und sterben – nein, den Film habe ich immer noch nicht gesehen – aber in diesem Städtchen wird das niemals ohne Bier vonstattengehen. Wir haben`s probiert, ehrlich. Bier gibt es in Brügge in allen Farben und Formen, denn jedes spezielle Gebräu kommt in einem eigens gestalteten Glas auf den Tisch. Armlange Flöten im Ständer, breite Kaltschalen und wenn es doch mal nicht passt, darf man mit einer Entschuldigung rechnen. Wollte man tatsächlich ein allumfassendes Geschmacksbild erstellen, ist man im Bierhaus ‚t Brugs Beertje bestens aufgehoben, dazu gibt es nämlich Snacks mit Pastete und Käse, sodass am Ende keiner vom Stuhl kippt.
Wir hatten ernsthaft überlegt, Brügge in zwei Tagen per Fahrrad zu erkunden und sind dann doch froh, wenn wir uns halbwegs eigenständig zu Fuß durch die Touristenmassen bewegen können, ohne dass eine Kutsche rüberrollt oder jemand aus den vollgepackten Booten in die Kanäle plumpst. Das sind die gängigen Fortbewegungsmittel und wenn man an so einem Wochenende durch die Gassen dieser Altstadt treckt, die von der UNESCO komplett zum Weltkulturerbe erklärt wurde, muss man sich nicht wundern, wenn andere gleich busseweise rangekarrt werden und selbst den malerischsten Eckchen den Bolzencharme verkitschter Kulisse verleihen.



Etwas kontemplativer geht es erst zu, wenn man sich gegenläufig zu diesen Strömen in entgegengesetzter Richtung und hin zu den äußeren Rändern der Stadt, entlang der Parks und Kanäle bewegt, fix mal in einen ruhigeren Hinterhof einbiegt sobald wieder so eine Gruppe um die Ecke kommt. Uns als Kleingärtner tritt der Angstschweiß auf die Stirn, lässt sich doch in diesen Höfen und Gärten an überakkuraten Heckenschnitten erkennen, dass hier in Brügge die Quadratur des Kreises erfunden worden sein muss.






Klar, die Giebelhäuschen sind zuckersüß. Wie in Lüneburg. Schlicht und harmonisch wird es jedoch erst im Beginenhof, einem architektonischen Ensemble aus Wohnhäusern und Kapelle. Seelschwestern oder Polternonnen nannte man die ordensähnlich ansässigen und ehelosen Frauen christlicher Laiengemeinschaft. Keusch und züchtig, arbeitsam und verträglich sollten Jungfrauen und Witwen hier leben, ihr Vermögen blieb auch bei einem möglichen Austritt in ein bürgerliches Leben Eigentum der Gemeinschaft. Nach Vorwürfen der Häresie, Verfolgung durch die Inquisition oder Eingliederung in die Kirche, dient dieser Hof heute als Kloster der Benediktinerinnen.



Wir snacken uns durch Brügge: Kroketje mit undefinierbaren Füllungen, Waffeln und im Tea Room De Proeverie gibt es feinste Trinkschokolade zum Selbermischen. Richtig gute Fritten findet ihr bei den Büdchen am großen Marktplatz gleich unter dem Turm. Zumindest die mit der besten Saucenauswahl und wer es richtig wissen will, bekommt die Fritten noch mit sattem Ragout auf die Hand. So gestärkt wird der Blick frei für die Details mit denen Brügge doch auch Überraschungen vorhält.






Obschon unterwegs überall Fingerfood lockt, lohnt es sich abends die Bistros zu erkunden. Das Bistro den Huzaar ist ein richtiger Familienbetrieb, wo Opa kocht, die Mutter mit der Tochter kellnert, deren kleiner Sohn hinter der Theke die letzten Details am Dessert herrichtet während ein Neffe aushilft. Das Restaurant wird mit Herzblut geführt und mit der entspechenden Dynamik, die solche Konstellationen unweigerlich mit sich bringen. Da knallen schonmal die Türen, wehe dem, der einfach dazwischengreift und alle rackern sich ab um das Wohl des Gastes. Das schmeckt man:
Hasenterrine
Kroketje mit Kalbsbries oder Thunfischcarpaccio
Geschmorte Schweinebäckchen mit Gratin Duphinois
Marakujasorbet mit Likör




